Privatwissenschaftliches Archiv

Bienenkunde, Landau/Pf.


 

 

Was sagen die Ergebnisse der Honigmarktkontrolle über die Honigqualität aus?

 

von Tobias Stever

 

 

 

Der Wettbewerb auf dem deutschen Honigmarkt um die Gunst der Verbraucher wird immer härter und die Ideen für eine erfolgreiche Vermarktung immer einfallsreicher. Bislang stellen für die örtlichen Imker Billig- und Sonderangeboten von großen Verbrauchermärkten die Hauptkonkurrenz dar. Die Argumentation gegenüber den Kunden fällt den Imkern oft schwer, da auch der Honig im Supermarkt in den Einheitsgläsern des Deutschen Imkerbundes (DIB) mit dem grünen Gewährstreifen abgefüllt ist. Damit bürgt der Honig des Supermarktes und der des Imkers für den gleichen Qualitätsstandard. Für viele Imker kommt noch erschwerend hinzu, daß es Kollegen gibt, die nach den Richtlinien einer Interessenvertretungen für ökologischen Landbau arbeiten und deshalb ihren Honig mit dem Prädikat "Bio" anbieten dürfen. Deshalb muß man seinen Kunden auch noch erklären (können), weshalb das eigene Naturprodukt diese Aufschrift nicht tragen darf.

Als ob dies alles für den "kleinen" Imker nicht schon schwer genug wäre, kommt seit diesem Jahr noch eine weitere Erschwernis hinzu: Vom "Transfair Verein zur Förderung des fairen Handels mit der Dritten Welt e. V." wird seit diesem Jahr auch Honig als Lizenzprodukt (neben Kaffee, Tee und Kakao) angeboten [1]. In der Praxis bedeutet dies, daß es derzeit fünf Lizenznehmer gibt, die Honig aus Ländern der Dritten Welt importieren und mit den sogenannten Transfair-Logo vermarkten dürfen. Damit können sie soziale Begriffe wie "Gerechtigkeit gegenüber den Imkern in der Dritten Welt" als Argumente in der Werbung verwenden.
Der DIB empfiehlt, hierauf mit den Argumenten "Höchste Qualität" und "Naturschutz" zu antworten. "Unser stärkstes Argument war und ist die besonders hohe und nachprüfbar bessere Qualität des Echten Deutschen Honigs." [1, S. 4].
 

Wie hoch ist die Qualität des "Echten Deutschen Honigs" wirklich?

 

Um jedoch in der Werbung mit einer besonders hohen Qualität argumentieren zu können, muß gewährleistet sein, daß sich diese auch tatsächlich auf einem hohen Niveau befindet. Deshalb hat der DIB verbindlich festgeschrieben, welche Kriterien ein Honig erfüllen muß, damit er unter seinen Warenzeichen (Einheitsglas, Gewährverschluß, ...) abgefüllt und verkauft werden darf.
Um zu kontrollieren, ob die Warenzeichensatzung von den Imkern und den Abfüllern auch eingehalten wird, führt der DIB jedes Jahr sogenannte Honigmarktkontrollen durch. Dabei werden bei Probenentnahme Ziehungen im fertigen Gebinde (verkaufsfertiger Honig im Deutschen Einheitsglas) vorgenommen. Auf diese Weise kann neben dem Honig auch die Aufmachung beurteilt werden.
Aus Abbildung 1 geht hervor, wieviel Markt- und Verkehrsproben in den letzten zehn Jahren (1986-1995) durch den DIB untersucht wurden. Orientierungsproben (Voruntersuchungen) wurden nicht berücksichtigt.
 

Abbildung 1: Übersicht über die Zahl der Markt- und Verkehrsproben der Honigmarktkontrolle des Deutschen Imkerbundes in den Jahren von 1986 bis 1995 [2]

Es ist deutlich zu erkennen, daß die Zahl aller Proben seit 1993 deutlich angestiegen ist. Dies ist darauf zurückzuführen, daß unter den Imkern deutlich mehr kontrolliert wurde. Die Proben der Abfüllstellen sind im gleichen Zeitraum etwa gleichgeblieben.
Über den gesamten Zeitraum betrachtet ist die Kontrolle der Abfüllstellen in der Tendenz leicht rückläufig.
 

Die Ergebnisse der Honigmarktkontrolle

 

Für den betrachteten Zeitraum ist in Abbildung 2 der Anteil der untersuchten und beanstandeten Honigproben dargestellt. Der Anteil berechnet sich aus dem Verhältnis der beanstandeten zu den untersuchten Proben.
Die Kurve "Gesamt" beinhaltet die Ergebnissen der Imker und der Abfüllstellen. Da in den letzten Jahren die Zahl der Proben bei den Imkern stark zugenommen hat, ist diese Kurve aufgrund der Ungleichgewichts zwischen Imkern und Abfüllern nicht sehr aussagekräftig. Die Ergebnisse der Imker und der Abfüllstellen müssen deshalb getrennt betrachtet werden.
 

Die Ergebnisse der Untersuchungen der Imkerhonige zeigen in den ersten Jahren einen steilen Anstieg bei den beanstandeten Proben. 1990 erfüllten 70,5% (!) der Proben mindestens einen Punkt der Warenzeichensatzung nicht. Seither ist der Anteil an mangelhaften Honigen stetig zurückgegangen und lag 1995 bei 34,0%.
Die Grafik zeigt deutlich, daß in der Tendenz die Beanstandungen bei Honigen von Abfüllstellen bis 1992 stetig zugenommen haben und sich seither auf dem hohen Niveau von etwa 50% eingependelt haben. Das verbesserte Ergebnis des Jahres 1990 ändert hieran grundsätzlich nichts.
 

Abbildung 2: Übersicht über den Anteil an beanstandeten Honigproben (in %) in den Jahren von 1986 bis 1995 [2]

Um nach den Ursachen für diese sicherlich überraschend hohen Fehlerquoten zu suchen, ist es notwendig, die Gründe für das Ausscheiden der Proben zu ermitteln:
 

Abbildung 3: Übersicht über den Anteil der Honigproben (in %) der Jahre 1986 bis 1995 [2], die aufgrund von Mängeln bei der Aufmachung beanstandet wurden

In Abbildung 3 sind die Honige dargestellt, die aufgrund von Beanstandungen in der Aufmachung aufgefallen sind. Es wurden Mängel bei der Sortenbezeichnung, dem Gewicht oder der äußeren Aufmachung festgestellt.
 

Wie in der Gesamtbeurteilung hat bei der Aufmachung das Ergebnis der Imker 1990 einen Höchstwert mit 67,2% erreicht. Seither ist eine kontinuierliche Verbesserung auf 25,7% im Jahr 1995 zu verzeichnen.
Auch bei den Abfüllstellen ergibt die Auswertung ein ähnliches Bild wie bei der Gesamtbeurteilung: Über den gesamten Zeitraum betrachtet hat sich das Ergebnis verschlechtert.
 

In Abbildung 4 sind die Honige dargestellt, die aufgrund von Beanstandungen in der Qualität aufgefallen sind. Hier waren entweder die Werte des Wasser-, HMF- oder Invertasegehaltes ungenügend, es wurde ausländischer Pollen gefunden oder der Honig war bereits gärig. Die Beanstandungen der Aufmachung (Abbildungen 3) und der Qualität (Abbildung 4) können in der Summe höher sein als die Beanstandungen insgesamt, da bei der Analyse eines Honigs mehrere Beanstandungen festgestellt werden konnten.
 

Abbildung 4: Übersicht über den Anteil der Honigproben (in %) in den Jahren von 1986 bis 1995 [2], die aufgrund von Mängeln bei der Qualität beanstandet wurden

Bei der Interpretation der Untersuchungsergebnisse der Honigqualität ist es aufgrund der starken Schwankungen schwer, eindeutige Aussagen zu treffen. Tendenziell läßt sich folgendes festhalten:
Die Ergebnisse der Untersuchungen der Imkerhonige zeigen bis 1989 einen steilen Anstieg bei den beanstandeten Proben. 1990 fielen 29,0% der Proben durch. Seither ist der Anteil an mangelhaften Honigen zurückgegangen und lag 1995 bei 18,9%.
Läßt man das Jahr 1987 außer Betracht, so hat sich die Qualität der Proben der Abfüllstellen stetig verschlechtert und 1995 mit 38,1% einen vorläufigen Höhepunkt erreicht.
 

Zusammenfassend läßt sich sagen, daß die Beanstandungen der Imkerhonige in den letzten Jahren rückläufig waren, während bei den Abfüllstellen die mangelhaften Proben immer häufiger vorkommen.
Bei den Imkern hat sich seit Anfang der 90er Jahre eine kontinuierliche Verbesserung vollzogen, so daß ihre Ergebnisse durchweg besser waren als die der Abfüllstellen.
 

Welche Schlüsse kann man aus diesen Zahlenangaben ziehen ?

 

Die oben dargestellten Ergebnisse der Honigmarktanalyse lassen je nach Sichtweise und Interesse verschiedene Interpretationen zu. Die Gegner des Einheitsglases und des Werbekonzepts des DIB werden in Frage stellen, daß man unter diesen Umständen mit dem Argument "besonders hohe Qualität" werben kann. Die Gegner der Abfüllstellen werden sagen können, daß die Abfüller den guten Ruf der Imker zerstören und auf deren Kosten ihren vermeintlich schlechteren Honig vermarkten.
 

Auch wenn vergleichende Zahlen für Honige in neutralen Gläsern fehlen, so stellen insgesamt die oben aufgeführten Ergebnisse sowohl für die Imkerschaft als auch besonders für die Abfüllstellen sicherlich kein Ruhmesblatt dar. Statt jedoch in Vorwürfe und gegenseitige Beschimpfungen auszubrechen, sollte jeder einzelne selbst überlegen, wie er helfen kann, die Situation zu verbessern.
Im nachfolgenden werden einige Lösungsansätze zur Verbesserung der Situation vorgeschlagen. Hier ist ebenso wie bei der Analyse des Zahlenmaterials eine Differenzierung zwischen Imker und Abfüllstelle sinnvoll.
 

Was kann die Imkerschaft machen ?

 

Die Tatsache, daß sich die Ergebnisse der Imker seit etwa 1990 verbessert haben, läßt sich nicht auf die stark erhöhte Zahl der Probenahmen zurückführen. Dies läßt sich schon allein deshalb ausschließen, da erst 1993 vermehrt Proben bei Imkern gezogen wurden.
 

Gründe könnten die vermehrten Aktivitäten des DIB in der Öffentlichkeitsarbeit und in der Werbung sein. Auch ist sicherlich die Einführung des Sachkundenachweises "Honig" durch den DIB und das verstärkte Schulungsangebot der einzelnen Verbände und Institute anzuführen. Diese Aktivitäten waren ein guter Anfang. Es muß jetzt aber verhindert werden, daß sie sich als Strohfeuer entpuppen. Außerdem belegen die Zahlen der Honigmarktkontrolle, daß man sich nicht zufrieden zurücklehnen darf. Es kann nicht sein, daß fast jede fünfte Probe aufgrund einer mangelnden Honigqualität durch unsere strengen Qualitätsnormen fällt. Diese hat sich schließlich jeder Imker selbst auferlegt, indem er sich für die Benutzung des Einheitsglases entschieden hat.
 

Um in Zukunft bessere Ergebnisse zu erzielen, müssen die Imker verstärkt auf die Qualität ihrer Produkte achten. Dies gilt besonders für die Imker, die das Einheitsglas verwenden und sich mit diesem in der Öffentlichkeit präsentieren. In den Honigschulungen müssen neben der Vermittlung von Kenntnissen zur Gewinnung und Behandlung von Honig verstärkt die Themengebiete Öffentlichkeitsarbeit und Vermarktung behandelt werden. Es ist zu überlegen, ob die Schulungen zur Erlangung des Sachkundenachweises für alle Imker verbindlich vorzuschreiben sind und alle fünf Jahre wiederholt werden müssen. Auch wenn der Aufwand hierfür sehr hoch ist, ist es vermutlich der einzige Weg, eine flächendeckende und effiziente Schulung der Imker zu gewährleisten.
 

Wie läßt sich die Honigqualität der Abfüllstellen verbessern ?

 

Bei den Imkern ergeben sich viele Probleme durch die individuelle Gestaltung der Imkerei. Oft ist eine professionelle Ausstattung aufgrund der geringen Völkerzahlen nicht möglich. Einige Einrichtungen stehen nur im Sommer provisorisch für den Imkereibetrieb zur Verfügung, beispielsweise der Schleuderraum.
 

Im Gegensatz dazu müssen die Abfüllstellen industriell arbeiten, um sich auf dem hart umkämpften Honigmarkt behaupten zu können. Deshalb muß hier bei der Qualitätsverbesserung auch zu industriellen Maßnahmen gegriffen werden. Es bietet sich an, daß sich die Abfüllstellen nach ISO 9000 ff zertifizieren lassen. Diese Vorgehensweise zur Qualitätssicherung kann man in letzter Zeit bei immer mehr Unternehmen aus den verschiedensten Bereichen beobachten und beliebige Produkte mit einem Emblem mit einem Text "Betrieb zertifiziert nach ISO 9001" entdecken.
 

Bei dieser Zertifizierung handelt es sich um Anwendung der internationalen Normenreihe ISO 9000 ff zur Qualitätssicherung, die ihren Ursprung in der Automobilindustrie hat. Sie ist jedoch sehr allgemein aufgebaut, so daß sie bei jedem Produktionsbetrieb oder Dienstleistungsunternehmen angewendet werden kann. Dabei ist die Größe des Unternehmens unwichtig. Die Spannbreite reicht inzwischen von Rechtsanwaltskanzleien bis zu Mineralwasserabfüllern.
Inhalt dieser Normen ist ein Leitfaden über die verschiedenen Elemente eines Qualitätssicherungs-Systems. Es werden grundsätzliche Begriffe des Qualitätsmanagements (QM) erklärt, der Aufbau eines QM-Systems beschrieben und die Forderungen an die Unternehmensleitung, an den Einkauf, an die Produktion, an das Marketing und den Verkauf dargelegt.
Allerdings enthält die Norm keine Vorgaben, an die sich der Anwender halten kann und damit ein System besitzt, im Rahmen dessen er fehlerfreie Ware produzieren kann. Sie dient lediglich als Anleitung zum Aufbau eines eigenen QM-Systems. Allerdings sind sogenannte Forderungen an die Qualitätssicherung in Form von 20 Elementen zu erfüllen.
 

Die Einführung eines QM-Systems nach der ISO 9000 ff in einem Betrieb ist weder einfach noch billig. Deshalb ist ihre Einführung sicherlich nur für die Abfüllstellen und wenige große Imkereibetriebe interessant.
Die Imkerorganisationen und Honigabfüller in Australien haben vor einiger Zeit ein Konzept (Code of Practise) zur Qualitätssicherung erarbeitet, das auf dieser ISO 9000 ff basiert. Die Darstellung dieser Aktivitäten würden sicherlich den Umfang dieses Beitrages sprengen.
Die ersten Erfahrungen aus der Praxis in Australien müßten in der nächsten Zeit vorliegen. Es gilt dann gegebenenfalls Überlegungen zu einer ähnlichen Umsetzung der Norm in Deutschland zu erarbeiten. Vielleicht ist aber auch ein völlig anderes Konzept sinnvoller. Gedanken und Überlegungen hierzu werden zu gegebener Zeit folgen.
 

Zusammenfassend läßt sich sagen, daß dringend Maßnahmen zur Verbesserung der Qualität unserer Imkereiprodukte getroffen werden müssen, um erfolgreich auf dem Markt bestehen zu können. Diese Maßnahmen müssen aber individuell gestaltet und an die Bedürfnisse des einzelnen angepaßt werden
Entscheidend für alle Betroffenen ist, sowohl Imker als auch Abfüller, die innere Überzeugung, nur hochwertige Qualität produzieren zu wollen. Ebenso wichtig ist die Einstellung aller im Betrieb Beteiligten, ständig ihre Abläufe zu überdenken und zu Verbesserungen bereit zu sein. Es gilt der Satz: "Qualität beginnt im Kopf !".
 

 

 

Literaturverzeichnis

 

[1]

Deutscher Imkerbund: "Honig mit Transfair-Logo" aus DIB-Aktuell 7/96.

[2]

Deutscher Imkerbund: Tätigkeitsberichte der Jahre 1986 bis 1996.

[3]

Dustmann, H. J.: "Lerninhalte / Lernziele für den Honiglehrgang"; Deutsches Imker-Journal, 3, 1992, Heft 5, S. 184.

 

 

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