Kurzfassung eines Vortrages bei einem Pressegespräch am 14. September 1995 in Hamburg:
Zur Verwendung von Honig und Honiglikör in der Küche Grundlagen, Hinweise, Anregungen
von Univ.-Prof. Dr. Hermann Stever
Honig gilt seit Urzeiten als ein hochwertiges Lebensmittel, dessen Verwendung zur menschlichen Ernährung stets sparsam und mit Bedacht zur Verfeinerung von Speisen eingesetzt wurde. Bei der Lagerung und kulinarischen Verwendung von Honig ist zu beachten, daß hier zwar ein chemisches Stoffgemisch mit bestimmten physikalischen Eigenschaften vorliegt, aber als Ergebnis eines Sammel- und Konservierungsprozeßes der Bienen. Honig, vergleichbar dem Wein, entwickelt sich im Laufe der Zeit, er "reift und altert, wie ein richtiges Lebewesen" (Zander).
In der üblichen
Sprechweise "Bienen sammeln Honig" findet sich noch heute die Vorstellung
aus Urzeiten, daß die Bienen den Honig von einem "Honigbaum" sammeln, der
als Speise
"Honig ist ein Lebensmittel, das von Honigbienen aus Blütennektar oder aus von lebenden Pflanzenteilen stammenden oder sich auf diesen befindlichen Sekreten gewisser Insektenarten erzeugt wird, indem sie dieselben aussaugen, mit eigenen spezifischen Stoffen verbinden und umwandeln und in den Waben des Bienenstockes aufspeichern und reifen lassen. Er kann flüssig, dickflüssig oder kristallin sein."
Honig ist ausschließlich das Ergebnis der Sammel- und Konservierungstätigkeit der Bienen. Die Biene behandelt die Ausgangsprodukte Nektar und Honigtau, wie der Sammelbegriff für die in der Definition genannten Sekrete in der Imkersprache heißt, in einer bestimmten Weise, als deren Ergebnis der reife Honig in den Bienenwaben abgelagert und mit einer Wachsschicht verdeckelt wird. Der Imker entnimmt die Waben und gewinnt daraus den Honig für den menschlichen Verzehr. Die Bezeichnungen Honig, Bienenhonig oder Imkerhonig sind also gleichbedeutend.
Der Honigmarkt unterscheidet
a) nach dem Ausgangsstoff
b) nach der Art der Gewinnung -
Schleuderhonig
Aus lebensmittelchemischer Sicht stellt sich Honig als eine übersättigte Lösung aus verschieden aufgespaltenen Zuckerarten dar, die von den Bienen mit zusätzlichen körpereigenen Begleitstoffen angereichert ist. Die wichtigsten Honiginhaltsstoffe sind neben Wasser (15 bis 20 %)
Diese grobe Übersicht verdeutlicht, daß Honig nicht gleich Honig ist und sich in Geschmack und Konsistenz je nach Ausgangsprodukt und Zusammensetzung unterscheidet. Der Nektar, den die Bienen in den Blüten sammeln, trägt bereits Geschmacksstoffe der künftigen Frucht in sich. Honigtauhonige haben in der Regel leicht harzige Geschmackskomponenten.
Bei der Verwendung von Honig ist außerdem zu beachten, daß fast jede Honigsorte eines Jahrganges als ein Unikat anzusehen ist. Die Bedingungen für seine Entstehung ändert sich von Ort zu Ort und von Jahr zu Jahr in Bezug auf das Wetter, den Trachtpflanzenbestand und auch den Zustand der Bienenvölker.
Die Wertschätzung des Honigs und damit der Status der Imker hat im Laufe der Geschichte deutliche Wandlungen erfahren. Zunächst hatte die Erfahrungsmedizin seit dem Altertum Honig als Quelle besonderer Kräfte erkannt und einen Mythos um Bienen und Honig gewoben, der durch Grabbeilagen als Opfergaben für die Götter belegt und in der Literatur tradiert wurde. Später wurden die Waldimkerei und dann die Hausbienenhaltung staatlich gefördert, die Imker rechtlich geschützt und mit Privilegien versehen. Plötzlich verliert die Imkerei Mitte des 19. Jahrhunderts aufgrund der Massenproduktion von Zucker die wirtschaftliche Basis. Honig ist nicht mehr der einzig verfügbare Süßstoff, gilt nicht mehr als Luxusartikel und Rarität; die von Mystik umrankte Bienenhaltung wird auf der Basis wissenschaftlicher Erkenntnis durch die "rationale Imkerei" verdrängt.
Erst in den letzten Jahren findet zunehmend eine Neubewertung des gesundheitlichen Wertes von Honig und moderner Honigprodukte statt. Die Verfügbarkeit von hochqualitativen Honigsorten aus aller Welt, in Verbindung mit den Erkenntnissen moderner lebensmittel-chemischer Forschung über den ernährungsphysiologischen Wert des Honigs, lassen uns heute den Honig als einen kaum substituierbaren Bestandteil der menschlichen Ernährung ansehen, der weit über die Bedeutung als süßer Brotaufstrich hinausreicht.
Einerseits wird bei der Verwendung des Honigs und von Honigprodukten in der Küche zunehmend beachtet, daß dem Honig eine schonende Behandlung zuteil wird, damit das Aroma voll zur Wirkung kommt. Viele Inhaltsstoffe werden sowohl durch Licht als auch durch Wärme in ihrer Wirkung geschwächt oder gar zerstört. Die Aromastoffe des Honigs sind leicht flüchtig und gegen Erhitzung sehr sensibel. Daraus ergibt sich, daß Honig vorzüglich zur Komposition von Marinaden und zum Abschmecken von Soßen oder Dips eingesetzt werden kann. Bei der Verwendung für warme Speisen sollte der Honig in der Regel erst nach dem Kochen zugegeben werden. Dies gilt insbesondere für das Dünsten des Gemüse, da neben der Geschmacksintensivierung dann die sekundären Pflanzenstoffe des Gemüses mit Inhaltsstoffen des Honigs einen Synergieeffekt im Bezug auf die Verdaulichkeit, Stärkung des Immunsystems und Minderung des Krebsrisikos bewirken können. Bei der Bereitung von Süßspeisen und Desserts ist die Verwendung spezieller Sortenhonige, die in der Regel nicht erhitzt werden, ebenfalls eine Bereicherung der Geschacksvielfalt. Andererseits kreiert sich eine Produktpalette um den Honig, die von Honigbutter bis Honiglikör die traditionelle Honigverwertung als Rauschtrank Met ersetzt. Insbesondere wenn Honig unvergoren mit dem Geschmacksträger Alkohol in Verbindung kommt, gelingt es, die leicht flüchtigen Aromastoffe eines Qualitätshonigs schon im Bouquet einer Speise oder eines Getränkes stärker wirksam werden zu lassen. Eine Gefahr für
die Gesundheit besteht dabei nur bei unmäßigem Genuß, denn Honig ist gewiß
kein Mittel, das die Alkoholwirkung von Getränken hemmt, auch wenn dies
gelegentlich in der Literatur behauptet wird. Wenn dieses bedacht wird, gibt
es gute kulinarische Gründe, in der neuen wie in der alten Küche bei
passender Gelegenheit Honiglikör anstelle von Honig zu verwenden.
Literatur
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