Privatwissenschaftliches Archiv

Bienenkunde, Landau/Pf.

 

ADIZ 32 / Die Biene 134 (1998), Heft 10, S. 12:

 

 

Fluvalinatresistente Varroamilben werden zum weltweiten Problem

 

von Tobias Stever

 

 

 

Beim Badischen Imkertag im März 1998 in Karlsruhe stellte Dr. Moosbeckhofer in seinem Vortrag "Das Auftreten apistanresistenter Varroamilben in Österreich und Möglichkeiten ihrer Bekämpfung" dar, daß das Auftreten von Varroamilben, die gegen Apistan (Fluvalinate) resistent sind, nicht mehr allein auf Österreich und Norditalien beschränkt ist. Inzwischen wurden entsprechende Milben auch in Spanien und Frankreich (Elsaß und Südfrankreich) nachgewiesen. Vor allem die Fundorte im Elsaß sind aus deutscher Sicht als besonders kritisch anzusehen.

 

Blick über den "großen Teich"

 

Inzwischen gibt es auch Meldungen aus den USA [1,2], die besagen, daß dort ebenfalls Varroamilben aufgetreten sind, die Resistenzen gegen Apistan bzw. den Wirkstoff Fluvalinat zeigen:

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Erstmals entdeckte man 1987 Varroamilben in den USA. Apistanstreifen und auch andere Bienenarzneimittel, die ebenfalls Fluvalinate enthalten, wurden bald darauf zugelassen und zur Varroabekämpfung eingesetzt. Diese Bekämpfung erwies sich als äußerst effektiv.

Im August 1997 wurden der Honey Bee Research Gruppe des USDA-ARS in Weslaco, Texas - einer Forschungseinrichtung des amerikanischen Landwirtschaftministeriums - erstmals aus den beiden Bundesstaaten South Dakota und Florida unabhängig voneinander Fälle berichtet, bei denen in Bienenvölkern auf 300 erwachsenen Bienen zwischen 30 und 50 Milben gezählt wurden. Das Besondere dabei war, daß diese Völker jeweils bis zu drei Apistan-Streifen enthielten.

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Ebenfalls in South Dakota wurde Anfang September 1997 ein Dauerversuch eingerichtet, bei dem sieben verschiedene Bekämpfungsmittel an jeweils 20 Bienenvölkern getestet werden sollten. Überraschenderweise zeigten die Völker, die 2 Apistanstreifen enthielten, keinen bemerkenswerten Unterschied zu den unbehandelten Kontrollvölkern. Es wurde über einen Zeitraum von vier Wochen kein Rückgang der Varroamilben beobachtet. Bei den anderen Bienenvölkern, die entweder mit Amitraz oder mit einem Milbenbekämpfungsmitteln im Versuchsstadium behandelt wurden, konnte ein Wirkungsgrad von mehr als 95% nachgewiesen werden.

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Bei einer ähnlich angelegten Untersuchung Mitte September in Florida mit 135 Bienenvölkern in neun Testreihen (Sechs mit Fluvalinaten, zwei mit experimentellen Mitteln und eine zur Kontrolle) wurden je Volk zwei, vier oder gar acht Apistan-Streifen bzw. zwei mit Mavrik selbst hergestellte Streifen eingehängt. Als Ergebnis blieb festzuhalten, daß die Behandlung durchweg ineffektiv war. Die Zahl der getöteten Milben aus diesen Völkern unterschied sich statistisch nicht von denen der unbehandelten Kontrollvölker. Dieselben Apistanstreifen, die in Florida keine Wirksamkeit zeigten, wurden in Texas nochmals an zwei Varroapopulationen probiert. Dort zeigten sie durchschlagende Wirkung. Diese Studien zeigen, daß eine Varroapopulation in den USA resistent gegen Fluvalinate geworden ist.

 

Deutschland unmittelbar bedroht

 

Nachdem nun fluvalinatresistente Varroamilben in zwei verschiedenen Regionen in Europa (Österreich/Italien und Südfrankreich/Spanien) sowie in den USA nachgewiesen worden sind, wird man sich darauf einstellen müssen, daß sich diese Milben in den nächsten Jahren noch weiter verbreiten und dann in ganz Europa zu finden sein werden. Es ist nur eine Frage der Zeit, wann wir die ersten resistenten Milben in Deutschland finden werden.

Eindämmen läßt sich dies Problem indes kaum: Innerhalb Europas findet eine rege Wandertätigkeit zu den verschiedenen Trachtgebieten statt, die den Milbenaustausch durch den Bienenverflug unterstützt. Verstärkt wird dies Phämomen durch den weltweiten Handel mit Paketbienen, der ebenfalls zur Milbenwanderung beiträgt.

 

Wechsel der Bekämpfungsstrategie sinnvoll !

 

Beispiele aus anderen Bereichen der Landwirtschaft demonstrieren, daß die Bekämpfung von Milben keine einfache Angelegenheit ist: So haben Spinnmilben mit der Zeit gegen alle chemischen Mittel Resistenzen entwickelt. Ein anderes Beispiel [3] zeigt die Gefahr noch dramatischer auf: 1984 wiesen 39 Prozent von 171 medizinischen und 61 Prozent von 164 landwirtschaftlichen Insekten und Milben Resistenzerscheinungen gegen Pestizide auf.
Diese Beobachtungen stellen die Bemühungen der Wissenschaftler und der chemischen Industrie in Frage, immer neue und raffiniertere Tierarzneimittel zu entwickeln, da auch diese nach einigen Jahren unbrauchbar zu werden drohen. Um dies bei der Varroatose zu vermeiden, wird man bei der Bekämpfung mit chemischen Mitteln regelmäßig die Strategie ändern müssen.
Dr. Malcolm Sanford hat dies treffend in einem Satz formuliert: "Beekeepers should be careful not to lose the war while winning a battle when treating mites" (sinngemäß: "Die Imker müssen aufpassen, nicht den Krieg gegen die Varroamilben zu verlieren, während sie eine Schlacht für sich entscheiden").

 

 

 

Literatur

 

[1]

Baxter, J., Eischen, F., Pettis, J., Wilson, W. T. und Shimanuki, H.: "Detection of fluvalinate-resistant Varroa mites in U.S. honey bees" in: Proceedings of the American Bee Research Conference; American Bee Journal, 138, 1998, Heft 4, S. 291.

[2]

Eischen, Frank A.: "Varroa control problems: More answers from Florida"; American Bee Journal, 138, 1998, Heft 4, S. 267-268.

[3]

Sanford, Malcolm T. (1998): "Varroa resistance to fluvalinate: Evaluating current status"; Apicultural Information and Issues from IFAS (APIS), 16, 1998, Heft 4, S. 1-3.

 

 

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