Deutsches Bienen Journal 7 (1999), Heft 4, S. XXVIII-XXX:
Happy Birthday, IBRA!
von Tobias Stever und Richard Jones
Bienen sind ein idealer Gegenstand für wissenschaftliche Experimente. Dies liegt hauptsächlich daran, daß sie eine breitgefächerte Palette an Aktivitäten entfalten, einfach zu halten sind und sich selbst versorgen können. Deshalb werden sie auf der ganzen Welt zu Untersuchungen herangezogen, beispielsweise in ökologischen, biochemischen und physiologischen Bereichen sowie in der Verhaltensforschung. Vermutlich sind die Bienen das am intensivsten erforschte Insekt überhaupt.
Die Gründung der IBRA
Während des zweiten Weltkrieges waren Bienenforscher und Imker in verschiedenen Ländern vom gegenseitigen Kontakt abgeschnitten. So wundert es auch nicht, daß nach Kriegsende bei Bienenforschern und Imkern das dringende Bedürfnis entstand, sich über die neuesten Forschungsergebnisse und Entdeckungen zu informieren, die ihnen bei ihren eigenen Untersuchungen und bei der Bienenhaltung weiterhelfen konnten. Die Vereinigung der britischen Imker, die British Beekeepers' Association, bildete aus diesen Gründen einen Ausschuß für Forschung, welcher eben diese Aufgaben übernehmen sollte. Es zeigte sich jedoch bald, daß die anfallende Arbeit die Möglichkeiten des Ausschusses überstieg. Auch fehlte es an entsprechenden finanziellen Mitteln. Auf Initiative einiger Ausschußmitglieder wurde deshalb am 24. Januar 1949 die Bee Research Association (BRA) gegründet. An ihre Spitze wurde Dr. Eva Crane gewählt. Von Anfang an arbeitete die Organisation über Ländergrenzen hinweg und begrüßte ausdrücklich die Mitarbeit aus jedem Land. Ein Erfolg stellte sich rasch ein: Bereits im August 1949 hatte die Vereinigung rund 600 Mitglieder, die sich aus Bienenforschern, Imkern und Personen, die Interesse an der Imkerei hatten, zusammensetzten.
Professor Karl von Fritsch, Präsident der BRA von 1962 bis 1964, sagte über die Funktion der Vereinigung: Ein großer Dienst besteht darin, daß sie in ihrem speziellen Bereich Kontakte aufspürt und pflegt. Viele Individualisten hat dies aus ihrer Isolation herausgeführt. Indem sie das tut, hilft und unterstützt die Vereinigung nicht nur dem Einzelnen, sie erweitert ihren Horizont und den von anderen, was zu einem wachsenden gegenseitigen Verständnis führt.
Da die Mitglieder, der Charakter und die Arbeit der Vereinigung seit jeher international ausgerichtet waren, wurde 1975 während einer Mitgliederversammlung vorgeschlagen, daß das Wort "International" in den Namen der Vereinigung eingefügt werden sollte. Dieser Vorschlag wurde einstimmig angenommen und ein Jahr später in die Tat umgesetzt. Seit dem 25.03.1976 heißt die Vereinigung folgerichtig International Bee Research Association (IBRA).
Heute ist die IBRA eine registrierte, gemeinnützige Organisation. Präsident ist derzeit der renommierte amerikanische Bienenforscher Dr. Hicharo Shimanuki. Vorsitzender ist David Francis, sein Stellvertreter ist Christopher O'Toole (beide Großbritanien). Im Beirat sind Mitglieder aus in Deutschland, Japan, Holland, Belgien, USA, Kanada und Tschechien vertreten.
Die Bibliothek - das Herzstück der Vereinigung
Die Bibliothek der IBRA basierte ursprünglich auf der Bücherei des Apis Clubs. Sie wurde von diesem übernommen, in den vergangenen Jahrzehnten stetig ausgebaut und durch neue Bücher, Bienenzeitschriften und Nachdrucke von wichtigen Publikationen in wissenschaftlichen Zeitschriften aus aller Welt laufend ergänzt. Zudem wurden Schenkungen oder Vererbungen der Sammlungen einige Mitglieder aufgenommen. Heute stellt diese Hauptbibliothek der Vereinigung - 1987 in Eva-Crane-IBRA-Bibliothek umbenannt - eine der umfangreichsten und wertvollsten Bibliotheken für Bienen und Apidologie der Welt dar. Sie umfaßt eine sehr große Zahl an Bücher und Sonderdrucke sowie Fachzeitschriften, Dissertationen, Berichte und Bibliographien, zumeist jedoch in englischer Sprache. Mit den Materialien, welche im Laufe der Zeit mehrfach eingegangen sind, wurden seit 1959 Zweigstellen der Bibliothek in Kolumbien, Kenia, Indien und Japan eingerichtet.
Die Bibliothek wird dazu genutzt, spezielle Informationen für Mitglieder aus aller Welt zu suchen. Früher gelang dies über kumulative Stichwortregister des Themas (UDC) und des Autors. Heute werden die Recherchen computerunterstützt durchgeführt, bei denen Schlüsselwörter und Suchprofile benutzt werden. Zudem dient die Bibliothek dazu, die Arbeit des technischen Mitarbeiterstabes der IBRA zu unterstützen.
Die Veröffentlichung von Zeitschriften - das Sprachrohr zur Welt
Insgesamt werden von der IBRA derzeit drei angesehene Fachzeitschriften veröffentlicht: Die Zeitschrift Bee World ist die offizielle Zeitschrift der Vereinigung und wird den Mitgliedern vierteljährlich zugesandt. Sie versorgt die Bienenzüchtergemeinschaft mit Nachrichten und richtungsweisenden Aufsätzen über neue praktische und wissenschaftliche Entwicklungen. Bei der Zeitschrift Apicultural Abstracts handelt es sich um ein Referateblatt, in welchem aktuelle Zusammenfassungen der bienenkundlichen und imkerlichen Weltliteratur abgedruckt werden. Sie wurde erstmals 1950 als Bestandteil der Bee World veröffentlicht. Seit 1962 ist sie als eigenständige Zeitschrift auf dem Markt. Im selben Jahr wurde auch die Herausgabe der Zeitschrift Journal of Apicultural Research begonnen. In ihr werden wissenschaftlichen Originalarbeiten veröffentlicht. Bis heute ist sie eine der führenden Fachzeitschriften für Bienenforschung in englischer Sprache.
Der Informationsdienst - eine Hilfe für die Bienenhaltung
Um die
Recherchen für ihre Mitglieder besser durchführen zu können, hat die IBRA
erstmals bereits im Jahr 1969 Computer für ihren Informationsdienst
eingesetzt. Dieser frühe Rechnereinsatz ist auf Professor Gordon Townsend
von der Universität von Guelph, Kanada, zurückzuführen. Durch eine
Kooperation mit dieser Universität wurden aktuelle und frühere Ausgaben der
Apicultural Abstracts in einer Computerdatenbank erfaßt.
Ein wichtiger Aspekt ist auch die Versorgung von Imkern und Wissenschaftlern in tropischen und subtropischen Gebieten mit Informationsmaterial. Dabei besteht die Hauptarbeit in der Förderung und Beratung bei einfachen Bienenzuchtprojekten für die ländliche Bevölkerung. Unterstützung fand die IBRA bei der United Kingdom Overseas Development Administration (ODA). Diese ermöglichte es der IBRA durch ein spezielles Förderprogramm, einen Informationsbeauftragten für tropische Bienenhaltung zu ernennen. Dieses Amt hatte zunächst Margaret Nixon (1980-1983) und dann Dr.Nicola Bradbear (1983-1993) inne. 1993 wurde die Förderung durch die ODA eingestellt und der Posten konnte nicht weiter besetzt werden.
Die IBRA hat sich auch an die modernen Kommunikationsmittel angepaßt und ist seit einiger Zeit im Internet zu finden. Die Adresse lautet: http://www.ibra.org.uk/
Veröffentlichte Bücher - geballtes Wissen in kompakter Form
Im Laufe der Jahre hat die IBRA - alleine oder in Kooperation mit anderen - viele Bücher herausgegeben und zum Teil auch finanziell unterstützt. Einige Werke aus früherer und neuerer Zeit sollen hier exemplarisch genannt werden:
Von Anfang an sah es die IBRA als eine ihrer Aufgaben an, Imkern und Apidologen aus verschiedenen Ländern dabei zu helfen, die Sprachbarrieren zu überwinden. Durch die Hilfe von mehrsprachigen Mitgliedern erschienen zwischen 1951 und 1993 elf Ausgaben des IBRA Wörterbuches für Imkerei-Fachausdrücke. Diese übersetzen über tausend Fachausdrücke im Zusammenhang mit Bienen vom Englischen in 19 andere Sprachen: Arabisch, Chinesisch, Tschechisch, Dänisch, Niederländisch, Finnisch, Französisch, Deutsch, Hindu, Ungarisch, Italienisch, Japanisch, Norwegisch, Polnisch, Portugiesisch, Rumänisch, Russisch, Spanisch und Schwedisch. Diese Ausgaben ermöglichen es, jeden Ausdruck aus einer dieser Sprachen in jede andere zu übersetzen.
Tagungen zur Verbesserung der Bienenhaltung - nicht nur für die Tropen
Auf Initiative ihres Mitgliedes Sheik Najib Alamuddin, Libanon, organisierte die IBRA 1976 die erste Internationale Konferenz für Bienenhaltung in tropischen Klimazonen, die in London abgehalten wurde. Diese Tagung war der Auslöser dafür, daß die IBRA ihre Aktivitäten auch auf die Entwicklungsländer ausdehnte. Seither wird alle vier Jahre eine solche Tagung abgehalten: Gastgebende Länder waren Indien, Kenia, Ägypten, Trinidad und Costa Rica. Diese Konferenzen bringen die Kenntnisse und Erfahrungen von Teilnehmern aus den hochentwickelten und den Entwicklungsländern zusammen, fördern Kontakte und den Erfahrungsaustausch zwischen Bienenforschern, Bienenzüchtern, Spezialisten und Vertretern internationaler Hilfsorganisationen, die mit Fragen der landwirtschaftlichen und der sozialen Entwicklung befaßt sind. Die nächste Konferenz wird in Thailand vom 19. Bis 25. März 2000 stattfinden.
Zusätzlich zu den oben genannten Konferenzen über Bienenhaltung in den Tropen veranstaltet die IBRA weitere Tagungen, welche meist in Großbritannien abgehalten werden. Themen in den letzten Jahren waren unter anderem * Erhaltung und Schutz europäischer Bienenarten * Bekämpfung der Varroatose * Kommerzielle und nicht-kommerzielle Hummelhaltung * Bienenwachs und Propolis
Förderung historischer Forschung
Die Vereinigung
begann in den fünfziger Jahren, eine Sammlung historischen und
zeitgenössischen Materials zur Bienenhaltung anzulegen. Einzelne Gegenstände
aus der Sammlung sind seither für Forschungs- oder auch Schulzwecke genutzt
worden. Leider war es bisher nicht möglich, eine finanzielle Förderung
aufzustellen, die eine kontinuierliche Arbeit an dieser Sammlung ermöglicht.
Die Räumlichkeiten und führende Persönlichkeiten
1961 startete die BRA einen internationalen Aufruf, um Spenden die Räumlichkeiten einer Geschäftsstelle zu sammeln. Sir David Bowes Lyon trug den Appell feierlich während eines Treffens in der Hall of the Wax Chandlers' Company in London vor. 1966 war es schließlich möglich, mit dem Hill House in der Nähe von Gerrards Cross in Buckinghamshire, England, ein eigenes Anwesen zu kaufen. Dieser Umzug führte zu einer Phase, in welcher sich die Vereinigung stark expandieren konnte. Dies verdankte sie nicht zuletzt auch einer gestiegenen Unterstützung durch die UK Development Commission, die Royal Society, das Commenwealth Agricultural Bureaux und andere Quellen. 1986 nahm der Vorstand ein Angebot des University College, Cardiff, an, eines seiner Gebäude als Geschäftsstelle zu erwerben. Da dieser Umzug auch finanziell einige Vorteile mit sich brachte, residiert die IBRA seither in Cardiff.
In einem Rückblick einzelne Personen für ihre Leistungen besonders herauszuheben führt meist zu einer ungerechten Behandlung gegenüber den anderen Beteiligten. Schließlich lebt eine solche Organisation wie die IBRA vom Mitwirken vieler Helfer. Dennoch sind an dieser Stelle besonders die Leistungen von Dr. Eva Crane zu erwähnen. Sie wurde während der Gründungsversammlung 1949 zur ersten Direktorin der Vereinigung gewählt und begleitete dieses Amt bis zu ihrer Verabschiedung 1983. Während dieser Zeit erwarb sie sich große Verdienste sowohl für ihr Engagement für die aufstrebende Entwicklung der IBRA als auch für ihre zahlreichen wissenschaftlichen Arbeiten zur Bienenkunde. 1985 wurde sie zur Ehrenpräsidenten der IBRA ernannt.
In den fünfzig Jahren der Vereinigung kamen ihre Mitglieder aus über hundert Ländern. Viele hatten großen Anteil an den Aktivitäten der Vereinigung genauso wie bei den Fortschritten für die Bienenhaltung und die Apidologie. Einige waren Repräsentanten der Vereinigung in ihrem eigenen Land, andere arbeiteten auf einem speziellen Gebiet für die IBRA. Etliche spendeten Geld oder schenkten Publikationen oder Teile der Ausrüstung. Andere wiederum steuerten nützliche Ideen und Visionen bei. Unter all den freiwilligen Helfern hält David Smith, der seit 1963 Honorarsekretär der IBRA ist, den Rekord für den längsten Dienst.
Die Aussichten für die Zukunft - nicht ganz so rosig ?
Seit ihrer Gründung hat die IBRA wichtigen Funktionen und Vermittlerrollen für die internationale Bienenkunde übernommen. Daß sie auf dem richtigen Weg war und auch heute noch ist, zeigen ihre vielfältigen Projekte und ihr stetiges Wachstum. Mit ihrer permanenten Expansion ist allerdings auch ihr Finanzbedarf gestiegen. Verschiedene politische, technische und wirtschaftliche Veränderungen in den letzten Jahrzehnten hatten jedoch einen großen Einfluß auf das finanzielle Wohlergehen der Vereinigung:
Wie aus dem Bericht des Vorsitzenden auf der Mitgliederversammlung im Oktober 1998 hervorgeht, hat der Vorstand im Hinblick auf die derzeit angespannte finanzielle Lage einige Einschnitte bei den Ausgaben der IBRA beschlossen. So hat das 50jährige Jubiläum der Vereinigung einen etwas traurigen Beigeschmack. Trotz der gegenwärtigen Schwierigkeiten, eine angemessene finanzielle Ausstattung zu erhalten, ist die IBRA eine wertvolle und einflußreiche Vereinigung. Auch stehen im Gegensatz zu anderen internationalen Bienenzüchterorganisationen wirklich die Bemühungen um die Bienen im Mittelpunkt des Geschehens. Es bleibt zu wünschen, daß es der IBRA gelingen wird, ihrer hart erarbeiteten Status zu wahren, ihre Erfahrungen zu nutzen und sich auch in Zukunft erfolgreich für die Entwicklung der Bienenkunde einzusetzen.
Literatur
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